Vor rund einem Jahr habe ich angefangen, meine Computernutzung primär auf mein iPad Pro zu beschränken. Ich habe also das begonnen, was landläufig unter dem Kürzel iPad only firmiert. Damit startete ich nicht nur eine Arbeitsweise, sondern gleichzeitig auch eine Art Überzeugung: Fokussierung auf das Wesentliche unter Nutzung eines einzigen Computer-Gerätes. Nach einem Jahr ziehe ich Bilanz und stelle fest, dass für meine produktiven Zwecke das iPad grundsätzlich ausreicht. Dies jedoch nur, wenn ich bereit bin, so manche Arbeitsprozesse auf die Einfachheit der Funktionen von Apps zu reduzieren und im Datei-Handling mit vielschrittigen, oftmals umständlichen Vorgehensweisen zu leben. Diese Bereitschaft ist bei mir inzwischen nicht mehr im notwendigen Maße vorhanden.
Dass es gut möglich ist, mehr oder weniger ausschließlich mit dem iPad zu arbeiten und dabei auf die Nutzung von Desktopcomputern oder Notebooks zu verzichten, habe ich in vielen Beiträgen beschrieben. Geschrieben habe ich aber auch oftmals über damit verwobene Einschränkungen oder Unmöglichkeiten. Eine recht gut ausgeprägte Eigenschaft von mir ist Geduld. Diese Eigenschaft benötigte ich vielfach, um mit dem iPad Dinge in umständlicher Weise unter hohem Zeitaufwand zu erledigen – verglichen mit demselben Arbeitsprozess, der auf einem Notebook ruckzuck durchgeführt wäre. Mir ist die Geduld in dieser Hinsicht leider ausgegangen.
Hier ein paar Geduld einfordernde Aspekte, die ich so nicht mehr hinnehmen bzw. ertragen möchte.
Office-Anwendungen
Die Apps für Textverarbeitung, Präsentationen und Tabellenkalkulation sind insgesamt recht reduziert. Ich nutze die Apps von Microsoft und stelle fest, dass die scheinbar dahinter liegende Idee einer mobilen Anwendung einhergeht mit der Vorstellung von Funktionsreduzierung. So ermöglichen die iPad-Apps von Word, Excel und Powerpoint ein Arbeiten unterwegs, dies aber lediglich in einer rudimentären und oftmals umständlichen Weise der Nutzung. Die Apps sind überhaupt nicht zu vergleichen mit den Desktop-Varianten dieser Software. Die Probleme, die ich bereits für die Nutzung von Word beschrieben habe, haben mir zunehmend den Spaß am Arbeiten genommen.
Umgang mit Dateien
Auch wenn inzwischen eine Dateien-App auf dem iPad den Umgang mit Dateien erleichtern soll: Ein vernünftiger Umgang mit Dateien ist kaum möglich. Insgesamt ist das ganze Datei-Handling umständlich. Dies liegt einerseits an den Apps selbst, die in je eigener Weise das Öffnen und Speichern von Dateien an unterschiedlichen Speicherorten ermöglichen oder verunmöglichen. Das liegt andererseits an Clouddiensten, die sich mal besser und mal schlechter in das Dateisystem des iPads einfügen. Nicht wenige Male habe ich es erlebt, dass vermeintlich gespeicherte Daten verschwanden oder der Zugriff auf Cloudspeicherdienste unzuverlässig war.
Online-Apps
So manche Anwendung wird heutzutage nicht mehr über eine lokal installierte App realisiert, sondern bietet ihre Funktionalität über eine Website an. Mit dem iPad sind solche Anwendungen oftmals nur schwer und manchmal nahezu gar nicht richtig zu nutzen. Mit iPadOS 13 als Betriebssystem hat sich da im Safari-Browser schon einiges getan, so dass die Webseiten (nahezu) wie auf einem „richtigen“ Computer angezeigt werden. Dies ist aber noch nicht perfekt. So kann ich beispielsweise Typo3 mit dem iPad mehr oder weniger gar nicht benutzen. Auch Google Docs sind umständlicher in Anzeige und Nutzung. Auf vielen Webseiten werden Formulare verwendet, die mit dem iPad teilweise nur sehr umständlich bearbeitet werden können.
Videokonferenzen
Mit der Corona-Pandemie kam die Notwendigkeit, von zuhause aus mit anderen via Videokonferenzen zu kommunizieren. Mit meinem iPad Pro kam ich da rasch an die Grenzen. Wenn ich in Besprechungen gerne meine Notizen in OneNote anfertige oder Besprechungsdokumente in meiner PDF-App mit Anmerkungen versehe, ist dies parallel zur Nutzung von Konferenz-Apps nicht möglich. Ich habe mir gar ein gebrauchtes iPad mini gekauft, um deshalb dort die Konferenzen laufen zu lassen. Hinsichtlich der Apps für die unterschiedlichen Konferenzsysteme ist festzustellen, dass sie sehr unterschiedliche Funktionalitäten aufweisen. Insgesamt ist der Funktionsumfang geringer und das Nutzungserlebnis im Ganzen schlechter als bei den Versionen für „normale“ Computer. Ich persönlich finde die Konferenz-Apps insgesamt vielfach lieblos programmiert.
Dies alles hatte zur Folge, dass ich mir ein Notebook gekauft habe. Im Gegensatz zu den dreißig Jahren, in denen mich immer Windows-Computer und -Notebooks begleitet haben, ist es ein Macbook Pro geworden. So nutze ich ein Gerät, das in der Familie bleibt, wenn ich meine anderen digitalen Geräte betrachte (iPad Pro, iPhone, Apple Watch). Die damit einhergehende Funktions- und Datenkonsistenz ist schön und nützlich. Ich habe einen 16-Zoll-Monitor, der eine deutlich größere Bildschirmdarstellung als die 12,9 Zoll des iPads bietet und damit auch gleichzeitig eine gute Ergänzung (und kein Ersatz) darstellt. Das Macbook Pro ist für ein Notebook recht leicht und kann wie das iPad überall mit hingenommen werden.
So habe ich nun zwei digitale Geräte im ständigen Einsatz.
Mit dem Macbook Pro erledige ich insbesondere alle Arbeiten, die mit Text- und Tabellenbearbeitung in Apps oder Online-Anwendungen zu tun haben. Mailbearbeitung und PDF-Erstellung gelingen dort auch leichter. Für Literaturverwaltung und Datenanalyse stehen die notwendigen Apps nicht (oder nur in sehr eingeschränkter Weise) für das iPad zur Verfügung, weshalb diese Arbeiten mit dem Notebook überhaupt erst gut möglich sind.
Das iPad Pro wiederum nutze ich für all die Dinge, die das iPad Pro – insbesondere in Verbindung mit dem Apple Pencil – sehr gut kann: (Handschriftliche) Notizen erstellen und bearbeiten, Online- bzw. PDF-Dokumente lesen und darin Markierungen und handschriftliche Anmerkungen machen, Termin- und Aufgabenverwaltung sowie Bild- und Video-Bearbeitung – um nur das Wichtigste zu benennen.
Kurzum: #ipadonly war in seiner Absolutheit ein spannendes, aber auch gewagtes Experiment. Bevor die Fokussierung auf dieses eine digitale Gerät einen verbiesterten, verkrampften, gar ideologisch gefärbten Charakter bekommt, weil ich vielleicht den Anspruch aufstelle, #ipadonly unbedingt durchziehen zu müssen, kehre ich zu einem sowohl als auch hinsichtlich meiner Nutzung digitaler Geräte zurück. Diesmal jedoch mit der reichen Erfahrung, die ich im vergangenen Jahr erwerben durfte. Es ist mir nun viel deutlicher, wofür ich digitale Geräte nutze, wie ich sie nutze und was mir bei der Nutzung wichtig ist. So hat jedes Gerät in meinem kleinen digitalen Geräteverbund seine Stärken und Schwächen, die den jeweiligen Nutzen ausmachen. Und da gibt es noch viel zu entdecken für mich.
Ein sehr interessanter Artikel, wie ich finde. Auch ich beschäftige mich momentan damit, wie ich mit dem iPad mehr Dinge erledigen kann, die ich sonst am PC mache.
Bei mir sind natürlich noch andere Anforderungen, wie beispielsweise die Softwareentwicklung, die mir das Modell iPad only unmöglich machen.
Ich glaube trotzdem, dass gerade viele Privathaushalte schon heute mit einem iPad voll auskommen. Rudimentär Dokumente erstellen, Drucken und im Internet surfen reichen dabei ja schon vollkommen aus. Durch die Unterstützung von Maus und Tastatur lässt sich auch ein abgespecktes Notebook daraus machen. Schauen wir mal, was Apple sich für das Handling noch einfallen lässt.
Da bin ich auch gespannt, wohin sich das iPad noch entwickeln wird, insbesondere die Apps.
Hallo Roland,
vielen Dank für diesen ausführlichen Artikel – den ich in ähnlicher Weise auch begonnen habe zu schreiben.
Interessanterweise mit demselben Fazit und aus sehr ähnlichen Gründen, vor einiger Zeit ist hier auch ein MacBook Pro wieder eingezogen.
Irgendwie schade, aber ich bin trotzdem fest davon überzeugt, dass die Zukunft in den Tablets liegt, am Ende ist es ja nur eine Frage der Software.
Hallo Sascha,
interessant, dass Du ähnliche Erfahrungen machst. Danke für Dein Feedback.
Es ist wirklich schade, dass die vorhandene Software das Potential des iPads nicht ausschöpft. Schauen wir mal, wie die Entwicklungen sein werden.